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E‑Voting — Das Ende der Demokratie?

#tldr: E-Voting birgt neben Chancen auch etliche technologische Risiken, welche die Glaubwürdigkeit von demokratischen Entscheidungen in Frage stellen könnten. Zumindest das Experiment sollte gewagt werden, weil E-Voting den Zugang zur Demokratie gerade für junge Stimmbürgerinnen erleichtert.

Gegner und Befürworter von E-Voting machen in der Schweiz gerade mobil, da die Einführung der elektronischen Stimmabgabe auf das Jahr 2019 vorgesehen ist. Während etliche europäische Länder die Lancierung von E-Voting aus Sicherheitsbedenken auf Eis gelegt haben, glaubt die Schweiz, dieser technologischen Herausforderung gewachsen zu sein. Die Technologien sind vorhanden. Nahezu alle Stimmbürger verfügen über elektronische Kommunkations-Geräte oder einem Zugang zu solchen und können diese - vielleicht auch nur unter Anleitung - bedienen. Gerade die ältere Generation ist im Bezug auf die Bedienung elektronischer Geräte nicht ganz sattelfest. Die Möglichkeit der brieflichen Stimmabgabe müsste für eine Übergangsphase bestehen bleiben. Zudem wäre eine pflegliche Begleitung der älteren Generation in die digitale Demokratie angezeigt.

Insgesamt aber sieht es auf den ersten Blick so aus, als ob sowohl der Staat als auch die Stimmbürgerinnen von E-Voting profitieren können.

E-Voting verspricht auf den ersten Blick eine Vereinfachung und Beschleunigung der demokratischen Entscheidungsfindung. Die Administration von Wahlen und Abstimmungen, die Stimmabgabe und Stimmauszählung würde zweifellos schneller, komfortabler und kostensparender über die Bühne gehen. Ein vereinfachter Zugang zu Wahlen und Abstimmungen kann mehr Wählerinnen und Stimmbürgerinnen mobilisieren: ein Gewinn für die Demokratie. Würde dieser Effekt aber ausbleiben, wäre die viel beschworenen Politik-Verdrossenheit wohl Tatsache. Ferner ist zu hoffen, dass die Beschleunigung von demokratischen Prozessen durch E-Voting nicht zu einer Flut von Vorlagen führt, welche die Stimmbürgerinnen überrollt, überfordert und abstumpft. Insgesamt aber sieht es auf den ersten Blick so aus, als ob sowohl der Staat als auch die Stimmbürgerinnen von E-Voting profitieren können.

Tatsächlich dürfte es schwierig sein, das jetztige Wahl- und Stimm-Verfahren entscheidend zu verfälschen, da es auf dezentralen, von Menschen durchgeführten Checks und Gegenchecks beruht.

Was spricht also gegen die Einführung von E-Voting? Gegner des E-Votings geben zu bedenken, dass Wahl- und Abstimmungsergebnisse dadurch leichter manipulierbar seien. Wenn Wahlen und Abstimmungen manipuliert werden können und somit nicht mehr den Willen des Stimmvolkes abbilden, ist die Demokratie tatsächlich am Ende angelangt. Fraglich bleibt, warum wir bislang die Gewissheit hatten, dass die Demokratie mit dem System der brieflichen Stimmabgabe nicht manipuliert wurde. Diese Gewissheit beruht auf dem Vertrauen in das System. Tatsächlich dürfte es schwierig sein, das jetztige Wahl- und Stimm-Verfahren entscheidend zu verfälschen, da es auf dezentralen, von Menschen durchgeführten Checks und Gegenchecks beruht. Bei elektronischen Verfahren wiederum ist die genaue Funktionsweise vielleicht nicht einmal mehr für Experten nachvollziehbar. E-Voting setzt also voraus, dass wir jenen Experten, die das System entwickelt und überprüft haben, blind vertrauen müssen. Komplexe Software ist jedoch nie frei von Fehlern. Das Vertrauen in E-Voting-Software wackelt hier zum ersten Mal.

Zweifellos gibt es mächtige staatliche und private Gruppierungen, welche zu solchen Infiltrationen und Manipulationen in der Lage sind.

Ein möglicher Angriffsvektor ist die Manipulation der Software auf den Servern oder auf den Abstimmungsgeräten (Computern, Tablets, Smartphones) der Stimmbürgerinnen. Die Gefahr eines erfolgreichen Angriffs auf die IT-Infrastruktur eines Landes ist reel, wie der aktuelle «Hack» des deutschen Bundestages unterstreicht. Auch der schweizerische Rüstungskonzern Ruag wurde schon digital unterwandert. Sollte es Angreifern gelingen, in sensibelste Bereiche der E-Voting-Infrastruktur vorzudringen, ist es um die Demokratie geschehen. Die Erfahrung zeigt, dass solche gezielten Angriffe stattfinden und vielfach den beabsichtigten Schaden herbeiführen. Zweifellos gibt es mächtige staatliche und private Gruppierungen, welche zu solchen Infiltrationen und Manipulationen in der Lage sind. Auch die Motivation für solche Angriffe ist gegeben, zumal es bei Abstimmungen wie bspw. über die Beschaffung von Kampfflugzeugen um Milliarden von Franken geht. Anderseits fliessen aber die Erkenntnisse über mögliche Angriffsvektoren in die Entwicklung der E-Voting-Software ein. Die Entwickler werden versuchen, die Software und die Hardware gegen alle denkbaren Angriffe zu härten.

Wer kann aber schon garantieren, dass neuere Prozessoren keine neuen Schwachstellen enthalten?

Auch wenn wir der Software vertrauen könnten, darf die Sicherheit der Hardware, der Elektronik, nicht aus den Augen verloren werden. Leider ist das Vertrauen in die Hardware erschüttert, seit bekannt wurde, dass jahrelang gravierende Sicherheitslücken in fast allen modernen Prozessoren klafften. «Meltdown» und «Spectre» wurden diese beiden Angriffsvektoren getauft. Diese Sicherheitslücken erlaubten oder erlauben noch immer das unberechtigte Auslesen von hochsensiblen Daten wie Passwörtern auf allen Betriebssystemen. Die einzig wirkliche Abhilfe für dieses Problem ist eine neue Prozessorgeneration, welche auf einer anderen Architektur beruht. Es wird wahrscheinlich noch ein Jahrzehnt vergehen, bis die letzten der anfälligen Prozessoren nicht mehr zum Einsatz kommen. Wer kann aber schon garantieren, dass neuere Prozessoren keine neuen Schwachstellen enthalten? Diese Garantie ist angesichts der zunehmenden Komplexität von Technologie nicht vorhanden.

Sollten bei einer umstrittenen Abstimmung auch nur zwei Prozent dieser Geräte manipulierte Stimmen abgeben, könnte das Abstimmungsresultat entscheidend verfälscht werden.

Auch die Endgeräte der Stimmbürgerinnen sind leider alles andere als sicher. Etliche Computer und Smartphones sind infiziert mit Trojanern und Viren. Deren Nutzerinnen haben die Kontrolle über ihre «Zombie-Geräte» verloren, ohne es überhaupt zu merken. Sollten bei einer umstrittenen Abstimmung auch nur zwei Prozent dieser Geräte manipulierte Stimmen abgeben, könnte das Abstimmungsresultat entscheidend verfälscht werden. Es ist gewiss hilfreich, das Sicherheitsbewusstsein der Geräte-Nutzerinnen fortlaufend zu schärfen, um die Stabilität der gesamten IT-Infrastruktur zu stärken. Geben wir es zu: die technologischen Voraussetzungen für E-Voting sind insgesamt nicht makellos oder sogar bedenklich. Berücksichtigen wir aber, dass die gesamte Wirtschaft, unsere Banken, unser Sozial- und Privatleben trotz all dieser Anfälligkeiten noch nicht zusammengebrochen sind, sollten wir dem Experiment «E-Voting» mit der gebotenen Vorsicht eine Chance geben. Sollte es funktionieren, kann die Demokratie damit vereinfacht und sogar neu belebt werden. Andernfalls muss bei den geringsten Anzeichen von Manipulation sofort der Stecker gezogen werden.




iPain — War­um das iPad nur noch nervt

Das iPad ist der nervigste Hype seit der Erfindung des Hula-Hoop.  In puncto Nützlichkeit, Innovation und Technizität steht es diesem in nichts nach. Diese Faktoren gehen gegen Null. Abgesehen von den technischen Unzulänglichkeiten des iPad nervt vor allem die mediale Omnipräsenz dieses anachronistischen Geräts. Schliesslich nervt das Geflenne der Medienindustrie, das iPad möge eine Renaissance der Bezahlinhalte einläuten und die Branche aus der Krise führen. Das Perfide daran: diese Bezahlinhalte werden auf denselben Känälen vertrieben, welche diese Inhalte heute schon kostenlos anbieten. Nun könnte der Eindruck entstehen, der Autor dieser Zeilen wäre ein eingefleischter Apple-Hasser. Weit gefehlt! Es handelt sich um einen Apple-Fanboy der ersten Stunde. Das sollte aufhorchen lassen.

Man kann nicht oft genug auf die unzähligen technischen Defizite dieses vermeintlichen Wunderdings hinweisen. Die meisten Menschen sehen sich gerne im Spiegel. Apple hat das erkannt und uns einen Spiegel geschenkt. Die Beeinträchtigung der Bildschirminhalte ist dabei sekundär, denn Apple hat entdeckt, dass nichts wert ist, was nicht glänzt. Nebensächlich bei dieser puristischen Design-Entscheidung ist scheinbar nicht nur der bemühte Leser (Späher) sondern auch der Umstand, dass gespiegelte Displays die Produktionskosten senken, sprich die Margen erhöhen. Sollte man wider Erwarten Bildschirminhalte erahnen, können diese womöglich nicht dargestellt werden. Denn Apple hat entschieden, das Flash-Format und damit 90 Prozent der interaktiven Webinhalte nicht zu unterstützen. Apple verteidigt sich, dass Flash böse sei, weil es die Prozessorlast erhöhe und die Akkulaufzeit verringere. Auch sei Flash nicht mehr zeitgemäss und müsse dem Html-5-Standard weichen. Internet-Filme sollten demnach nur noch im von Apple mitentwickelten und patentierten H.264-Codec angeboten werden. Uneigenützig verspricht uns das H.264-Konsortium für die kommenden 6 Jahre keine Lizenzgebühren zu erheben. Das nervt nicht, das stinkt zum Himmel.

Ohne Flash behält Apple die alleinige Kontrolle über alle interaktiven Inhalte und Applikationen, welche im App-Store zum teilweise kostenplichtigen Download auf das iPad angeboten werden. Dass Apple 30 Prozent des Erlöses jeder im App-Store verkauften App einstreicht, vermag uns noch nicht zu erschüttern. Dass aber Apple eine rigide Inhaltskontrolle ausübt, schockiert den freiheitsliebenden und mündigen Menschen. Es geht dabei in erster Linie darum, die Nutzer vor Anstössigem zu schützen. In den sexuell zurückgebliebenen und bigotten Vereinigten Staaten von Amerika entspricht Apple damit tatsächlich einem Gründbedürfnis. Unerträgliche Prüderie und Zensur aber ist, dem aufgeklärten Rest der Menschheit mit Bikinis verhüllte weibliche Brüste vorzuenthalten. Schmunzeln kann man hingegen ob der Fehlerhaftigkeit von Apples Zensurmaschinerie. So verschwand der ungeheure 'Sperm Whale'  namens 'Moby Dick' aus dem digitalen Deckblatt des gleichnamigen Buches. Bravo, Apple!

Touch-Screens nerven grundsätzlich. Warum diese unappetitliche Schmieren-Kömodie sich durchsetzen konnte, bleibt ein Rätsel. Man muss nicht Monk sein, um sich davor zu ekeln. Das schafft auch ein neurosefreier Mensch. "Kannst gerne mein iPxxx benutzen!" - "Nein, danke. Die Telefonkabine ist bloss am anderen Ende der Stadt!" (frei nach Woody Allen). Noch absurder sind Touchscreens für Angehörige jener Generation, welche zum Teil schmerzhaft lernen mussten, nicht mit den Fingern zu schauen. Wenn wundert es noch, dass Epidemien grassieren in einer Zeit, in der alles be-touch-t wird? Aber Spass beiseite. Vielleicht ist es zynisch zu behaupten, Touch-Screens entsprächen dem Zeitgeist, wenn im Zuge der Modekrankheit ADHS das 'Touchen' zum Ziel und die Entscheidung zum Abfallprodukt wird. Gewiss ist auch Boxxy fleissig am 'tatschen'. Zumindest kann man Apple nicht vorwerfen, am Trend vorbei zu schlittern. Diesbezüglich passt das iPad wie die Faust auf's Auge. Bravo, Apple!

Um die Auflistung der technischen Mängels des iPad abzurunden, soll auch der Hinweis auf fehlende Schnittstellen für USB-Sticks und Memory-Cards sowie die fehlende Unterstützung für das allerseits beliebte, aber von niemandem verwendete Multitasking nicht fehlen. Im Gegensatz zum 'Tatsch'-Screen zwingt Apple uns hier, sich auf eine Aufgabe zu konzentrieren. Obwohl Multitasking bei der Betrachtung von kostenlosen Inhalten auf herkömmlichen Geräten bislang nicht störend auffiel, kann dies dem Genuss von Bezahlinhalten wömöglich abträglich sein. Stellen Sie sich vor, Sie hören bei der Lektüre der für Geld abonnierten New York Times Hintergrund-Musik auf dem iPad an und verpassen die Hälfte der teuren Inhalte. Bei Bezahlinhalten schenkt uns Apple also das Monotasking, weil die es sich wert sein müssen. Bravo Apple! (Ach ja, vergessen wir auch nicht das Gewicht von über 600 g, den breiten Rahmen, den fehlenden Ständer und den nicht austauschbaren Akku.)

Was aber noch viel mehr nervt als das iPad selbst, ist die mediale Hysterie rund um dieses Gerät. Es vergeht keine Stunde, ohne dass irgendein ein Journalist seinen Senf zum iPad gibt. Die Meldungen überschlagen sich in Zahl und Belanglosigkeit, wie z.B. diese hier:  «Schau! Der iPad!» – «Hä?» Wenn die Sichtung eines iPad bereits eine Meldung in einer renommierten Zeitung wert ist, ist es höchste Zeit, auf die Existenzkrise der Zeitungsverlage zu sprechen zu kommen. Abonnenten- und Inserentenschwund treiben die klassischen Zeitungsverlage an den Rand des Ruins. Die Ursache für diese Misere heisst Gratis-Internet! Die kostenlosen Inhalte liefern jedoch nicht fiese Internet-Piraten, sondern die Zeitungsverlage selber. Die Verlage wagen es einfach nicht, ihre Online-Zeitungen kostenpflichtig zu machen, weil sie die übermächtige Kostenlos-Mentalität der Internet-Nutzer fürchten. Wie nun Rupert Murdoch mit der Bezahl-Zeitung dagegen anrennt, schüttelt Steve Jobs, Mann des Jahres 2009 im Times Magazine, bereits den passenden Vertriebskanal in Form des iPad aus dem Ärmel. Hier sollen Zeitungsverlage ihre Inhalte endlich wieder kostenpflichtig und gewinnbringend an den Mann / die Frau bringen. Die ganze Branche bricht in Freudentränen aus, bevor sie realisiert, dass es ein Internet nach dem iPad gibt. Kann aber ein Dinosaurier überleben, nur weil ihm ein Fuchs den Weg in die Zukunft weist?

Zu guter Letzt nerven auch die Käufer des iPads, weil sie kritiklos eine Fülle von Einschränkungen und Kosten hinnehmen für ein Gadget. Die Ernüchterung wird gross sein, wenn sie erkennen, dass es sich lediglich um einen Spiegel mit Point-of-Sale-Funktionen handelt. Der Shop ist jetzt immer gleich beim Käufer, und nur das hat der iPad-Besitzer zu sein. Wenn Sie nach der Lektüre dieses teilweilse satirischen Artikels zur Überzeugung gelangt sind, mit dem Kauf eines iPads einen Fehler begangen zu haben, sind Sie wenigstens nicht alleine. Denn wenn Steve ruft, kommen die Lemminge in grosser Zahl und erfüllen ihre Bestimmung. Das ist der Lauf der Welt.

Nun, wenn der Verfasser dieses Artikels das erste iPad sieht, wird er wahrscheinlich bei einer Tasse Kaffee entspannt eine Printzeitung lesen. Gratis, versteht sich. Auch das ist der Lauf der Welt.

[d.z]

Weiterführende Links:
Das waren noch Zeiten!
Das iPad ist eine Goldmine! (Englisch)