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DSGVO und die Schweiz

DSVGO oder GDPR?! Ganz Europa spricht im Moment davon. Ganz? Nein, das Land der HelvetierInnen hört nichts davon, weiss nichts davon, kümmert sich wie oft nicht darum, was jenseits der geistigen Barrikaden vor sich geht. Auf der Insel der Glückseligen, wo fremde Richter gerade Gefahr laufen, entmachtet zu werden, will sich niemand um fremde Gesetze kümmern. Ein solcher Erlass ist die EU-DSGVO. In der ungekürzten Version heisst er Europäische Datenschutz-Grundverordnung. Diese tritt am 25. Mai 2018 in Kraft und wird kräftig am vermeintlichen Unbeteiligtsein von Schweizer Firmen, Institutionen und Privatpersonen rütteln.

«EU-Was?!» kann uns doch gestohlen bleiben, denkt sich der Schweizer reflexartig. Wir sind nicht in der EU, wir wollen nicht in die EU, und überhaupt, die sollen uns in Ruhe lassen! Die Frage ist aber nicht, ob uns die EU behelligt, sondern eher, wie wir mit den Daten von EU-BürgerInnen umgehen. Die Personendaten ihrer BürgerInnen will die EU mit der Datenschutz-Grundverordnung auch im Ausland besser schützen. Diese Verordnung erstreckt sich auf alle natürlichen und juristischen Personen, die weltweit Daten von EU-BürgerInnen verarbeiten. Davon gibt es eben einige in der Schweiz: Personalvermittlungen, Arbeitgeber, Spitäler, Provider, Export-Firmen und eben auch all jene, die eine Webseite betreiben.

DSGVO mit Enter-Taste
Drücken Sie «Enter»! Ab dem 25. Mai 2018 gilt die DSGVO alias GDPR. Bild Pixaby, Lizenz CC0.

Vor allem jene Schweizer Einrichtungen könnten betroffen sein, welche personenbezogene Daten von EU-BürgerInnen kommerziell verarbeiten, speichern, einordnen, zusammenführen und weitergeben. Bei diesen sensiblen Daten handelt es sich um Namen, Anschriften, Bewegungsprofile, Bewerbungsunterlagen, Anstellungsverhältnisse, Kundenlisten, Patientendaten und eben auch IP-Adressen, die beim Besuch einer Webseite in den Logs anfallen. Auch die Hürde zur kommerziellen Verarbeitung personenbezogener Daten ist sehr niedrig und schnell genommen. Dazu reichen Werbe-Einblendungen auf einer Webseite bereits aus. Doch wesentlich problematischer wird es, wenn Webseitenbetreiber BesucherInnen aus EU-Ländern einen Schwarm von Tracking-Technologien unterjubeln, die personenbezogene Daten in datenschutzrechtlich zweifelhafte Drittländer wie die USA exportieren. Viele Schweizer Medienportale mit Reichweite in die EU verwenden solche problematische Technologien.

Sie sollten über die Bücher gehen, denn allem Anschein nach meint es die EU mit dem Datenschutz ihrer BürgerInnen ernst. Mit der DSGVO will sie ihren BügerInnen die Hoheit über ihre persönlichen Daten zurückgeben. Sie verschafft Ihnen umfassende Auskunfts-, Lösch-, und Berichtigungsrechte gegenüber DatenverarbeiterInnen. Letztere werden auf der anderen Seite verpflichtet, ihre Datenverarbeitungstätigkeit zu dokumentieren, gegenüber den Betroffenen transparent kund zu tun und auf Anfragen zu reagieren. Neu gilt für Datenverarbeitungstätigkeiten das Prinzip von «Opt-In», das heisst, dass Betroffene eine ausdrückliche und vorgängige Einwilligung in die Verarbeitung ihrer Personendaten abgeben müssen. Das dürfte der Werbebranche, die sich bislang auf dem «Opt-Out»-Prinzip gesonnt hat, missfallen. Die DSGVO wird etliche an Illegalität grenzende Praktiken von Datensammlern und -verkäufern scharf sanktionieren und trockenlegen. Das ist zu begrüssen.

Inwiefern EU-BürgerInnen ihre neuen Datenschutzrechte auch gegenüber Schweizer DatenverarbeiterInnen geltend machen werden, wird die Zukunft zeigen. Auf jeden Fall zielt die DSGVO ganz klar darauf ab, diese Rechte auch gegenüber Firmen ausserhalb der EU-Grenzen durchzusetzen, also auch in der Schweiz. Im Fokus der Verordnung stehen vordergründig amerikanische Tech-Giganten wie Google, Facebook und Amazon, welche die Daten von EU-BürgerInnen im grossen Stil verarbeiten. Diese müssen sich verpflichten, die datenschutzrechtlichen Vorgaben der EU einzuhalten. Ansonsten drohen empfindliche Strafen. Alles deutet darauf hin, dass sich die IT-Riesen an die Verordnung halten werden. EU-BürgerInnen haben somit in naher Zukunft eine mächtige rechtliche Handhabe gegenüber internationalen Konzernen. Im Sinne des Rechts auf Vergessen wird eine EU-BürgerIn beispielweise gegenüber Facebook die Löschung sämtlicher personenbezogener Daten, die über sie gespeichert wurden, einfordern können. Diese Möglichkeit wird SchweizerInnen leider verwehrt bleiben, weil die DSGVO zwar unter gewissen Voraussetzungen gegen sie, aber gewiss nicht für sie gilt. Klartext: Schweizer BürgerInnen sind schlechtergestellt und gehören weiterhin der international vehökerbaren Datenmasse an.

Im Bezug auf die konkrete Umsetzung der DSGVO herrscht momentan in Europa und auch hierzulande heillose Verwirrung. Gerade kleine BetreiberInnen von Webseiten sind mit den hohen Anforderungen der DSGVO rechtlich und technisch überfordert. Sie entscheiden sich deshalb, ihr Blog oder ihre Webseite vom Netz zu nehmen, um sich keinen rechtlichen Risiken auszusetzen. Diese sind zweifellos vorhanden, da sich die DSGVO auf alle erstreckt, die personenbezogene Daten von EU-BürgerInnen verarbeiten, also auch auf WebseitenbetreiberInnen, welche lediglich die IP-Adresse ihrer BesucherInnen erfassen. Das ist bereits eine konkrete Datenverarbeitung. Kontrovers diskutiert wird auch, ob es nach Inkrafttreten der DSGVO noch zulässig sein wird, Content Delivery Networks (CDNs) oder Google Fonts einzubinden. Diese Inhalte stammen zu einem nicht unwesentlichen Teil aus Drittländern und bringen womöglich eine Verarbeitung personenbezogener Daten mit sich. Es bestehen also kurz vor der rechtskräftigen Einführung der Verordnung etliche Rechtsunsicherheiten, gerade für die BetreiberInnen kleiner Webseiten. Es bleibt zu hoffen, dass diese Unsicherheiten nicht zu einem wahrhaftigen Blog- und Webseiten-Sterben führen und sich Inhalte nicht bei den grossen, rechtlich und finanziell potenten Plattformen konzentrieren werden. Das Internet würde ärmer und die beabsichtigte Stärkung des Datenschutzes würde sich in das Gegenteil verkehren.

Die Stossrichtung der DSGVO stimmt. Aber eine präzisere Einschränkung der Geltung auf datenverarbeitende Firmen mit einem gewissen Mindestumsatz wäre für ein prosperierendes Internet zwingend notwendig gewesen. Von einer Stärkung des Datenschutzes würde auch die Schweiz und ihre BürgerInnen profitieren. Aber im Alleingang ist es unwahrscheinlich, einen starken Datenschutz international durchzusetzen. Die EU hat gegenüber internationalen Konzernen das notwendige Gewicht dazu. Eine Anlehnung der Schweiz an den EU-Datenschutz wäre unter diesen Umständen zu begrüssen. Das politische Klima in der Schweiz und der fehlende Rahmenvertrag mit der EU lässt eine Annäherung im Moment jedoch kaum zu. Die Auswirkungen der DSGVO werden auf jeden Fall auch in der Schweiz zu spüren sein. Ohne Panik gilt es vorerst, die künftige Rechtsprechung zu Einzelheiten der DSGVO aufmerksam abzuwarten und zu beobachten. Für nicht-kommerzielle WebseitenbetreiberInnen in der Schweiz und in der EU, die Personendaten im erlaubten Rahmen bearbeiten, sind die Risiken kalkulierbar. Datenverarbeitende Firmen mit Reichweite in die EU wiederum sollten sich schleunigst rüsten, um empfindliche Bussen zu vermeiden.

In der Schweiz aber schläft oder verweigert man. Die EU ist weit weg. Noch.

*Dieser Artikel ist keine Rechtsberatung. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigeit oder Richtigkeit.*

 




Von Whats­app auf Signal umsteigen!

#tldr: Es ist höchste Zeit zu hinterfragen, ob Whatsapp nicht mehr aus unserem Leben wegzudenken ist. Hinter der Kommunikations-Plattform Whatsapp steckt Facebook, ein IT-Konzern, dessen Geschäftsmodell darin besteht, mit den Daten seiner Nutzerinnen zu handeln. Der Datenskandal bei Facebook erschüttert das Vertrauen in Technologie-Giganten insgesamt und nachhaltig. Der Messenger Whatsapp ist schon wegen ihrer Besitzerin nicht mehr über alle Zweifel erhaben. Im Vergleich zu anderen Chat-Apps schneidet Whatsapp zudem nicht rosig ab. Vor allem eine App erweist sich im Bezug auf Sicherheit und Privatsphäre als überlegen: Der kostenlose Messenger «Signal».

Der Messenger Whatsapp
Logo by Whatsapp, Facebook Inc.

Der von 1.3 Miliarden Menschen genutzte Messenger Whatsapp hat im Jahre 2016 Ende-zu-Ende-Verschlüsselung implementiert. Das bedeutet, dass nur Chat-Teilnehmerinnen die Inhalte der übermittelten Nachrichten sehen können. Selbst die Server von Whatsapp können die Nachrichten weder entschlüsseln noch mitlesen. Die Verschlüsselung beruht auf dem Verfahren von Open Whisper Systems. Dieses Verfahren gilt in der Sicherheits-Branche als äusserst sicher. Leider weist Whatsapp, welche von Facebook für 16 Milliarden Dollar aufgekauft wurde, beim Design wesentliche Schwachstellen auf, welche die Sicherheit der Nutzerinnen gefährden können.

Zum einen speichert Whatsapp (Facebook) auf ihren Servern die Metadaten der Chats. Somit kann weiterhin nachvollzogen werden, wer mit wem zu welchem Zeitpunkt kommuniziert hat. Diese Metadaten können mehr über die Nutzerinnen verraten, als wir auf den ersten Blick vermuten würden. Facebook ist eine gewinnorientiertes Unternehmen, welches von der Aus- und Verwertung von Daten lebt. Deshalb ist damit zu rechnen, dass sie diese Metadaten auswerten. Sie haben sich zwar durch die Implementierung von starker Verschlüsselung selber der Möglichkeit beraubt, auf die Inhalte der Whatsapp-Chats zuzugreifen. Dieser Umstand verdient angesichts der Tatsache, dass selbst Google bis heute keine sichere E-Mail-Kommunikation anbietet, eine gewisse Anerkennung. Google will konsequent mitlesen, auslesen, einordnen.

Das Leben und die Gesundheit sehr vieler Menschen hängt von sicherer Kommunikation ab.

Zum anderen legt Whatsapp beim Konkurrenten Google optional ein verschlüsseltes Backup an. Einen eigenen Server für die Sicherung zu verwenden, gehört nicht zum Funktionsumfang. Dieses Backup kann vorerst nicht ohne Weiteres entschlüsselt und verwertet werden. Wer direkten, physischen Zugang zu einem Smartphone hat, kann dieses Backup jedoch mittels einer Spezial-Software entschlüsseln. Womöglich genügt es bereits, ein Smartphone mittels Schadsoftware zu übernehmen und fernzusteuern. Geheimdienste und Hacker reiben sich die Hände. Wer sich denkt, er habe wieder einmal nichts zu verlieren, versetze sich kurz in die Lage von Regime-Kritikerinnnen in totalitären Regimen! Unter solchen Bedingungen ist sichere Kommunikation eine Frage von Leben und Tod, Freiheit oder Gefangenschaft. Das Leben und die Gesundheit sehr vieler Menschen hängt von sicherer Kommunikation ab. Angehörige westlicher Demokratien ignorieren diese überlebenswichtige Notwendigkeit allzu leichtfertig.

Wer Whatsapp weiterhin nutzen will, ist gut beraten, die Einstellung "zuletzt online" zu deaktivieren.

Eine weitere Schwachstelle von Whatsapp ist die Möglichkeit, die Aktivitäten von Nutzerinnen anhand der Information, wann eine Nutzerin "zuletzt online" war, auszulesen und mit den Aktivitäten anderer Teilnehmerinnen des Telefonbuches in Verbindung zu bringen. War das bislang nur mit aktiven Nachforschungen möglich, so existiert mittlerweile eine dreiste Stalking-App, welche diese Verfolgung von Freunden und Bekannten automatisiert. Daraus lassen sich Rückschlüsse auf das Privatleben und die Kommunkation anderer ziehen. Geht eine Beziehung gerade in die Brüche? Wer chattet mit wem zu später Stunde? Die Informationen, die man aus solchen Verknüpfungen ableiten kann, verletzen die Privatsphäre der Nutzerinnen erheblich. Obwohl auch diese Stalking-App nicht in der Lage ist, Inhalte von Chats mitzulesen, lassen sich aus diesen Metadaten sehr persönliche Informationen über die Beziehungen zwischen Freunden und Bekannten oder deren Gewohnheiten ableiten. Wer Whatsapp weiterhin nutzen will, ist gut beraten, die Einstellung "zuletzt online" zu deaktivieren. Doch Whatsapp kann problemlos durch sicherere Messenger-Apps ersetzt werden.

Signal bietet das eindrückliche Feature, dass sich Nachrichten nach einer vom Sender festgelegten Zeitdauer selber löschen.

Signal Messenger
Logo by Signal, Open Whisper Systems

Jene Organisation, welche die Verschlüsselungs-Technologie für Whatsapp entwickelt hat, bietet selber einen kostenlos verfügbaren Messenger an, der vieles besser macht als Whatsapp. Open Whisper Systems entwickelte den Messenger «Signal». Dieser Nachrichten-App verzichtet auf die Weitergabe und Speicherung von Metadaten. Telefonummern aus dem Adressbuch werden nicht an Server weitergegeben. Einzig für die Registrierung ist die einmalige Angabe der eigenen Nummer erforderlich. Die Verschlüsselung und der Programm-Code wurde in einem Peer-Review-Verfahren überprüft und gilt als sicher. Ein externes Backup der Chats gibt es nicht. Sollte das Telefon verloren gehen oder ersetzt werden müssen, können die Chatverläufe nicht wiederhergestellt werden. Aus Sicherheitsüberlegungen ist dieser Verzicht sinnvoll. Ferner bietet Signal das eindrückliche Feature, dass sich Nachrichten nach einer vom Sender festgelegten Zeitdauer selber löschen. Diese Nachrichten verbleiben lediglich im Gedächtnis des Empfängers. Hochsensible Informationen lassen sich somit weder von Hackern noch von Geheimdiensten rekonstruieren. Ja, auch die Strafverfolgungsbehörden bleiben aufgrund dieses «Killer-Features» aussen vor. Wie damit umzugehen ist, muss in separaten philosophischen Betrachtungen diskutiert werden.

Selbstvernichtendes Tape aus «Mission Impossible».

Signal bietet ferner verschlüsselte Telefonie an. Die App ist für alle grossen Mobil- und Desktop-Plattformen verfügbar und unmittelbar einsetzbar. Sie steht allen Interessenten als Open Source zur Verfügung, kann also von allen Experten eingesehen und auf Sicherheitslücken überprüft werden. Ein solches Sicherheits-Audit wurde durchgeführt mit dem Ergebnis, dass Signal aussergewöhnlich gut und sicher programmiert wurde. Renommierte Experten wie der Sicherheits-Forscher Bruce Schneier oder der Whistleblower Edward Snowden bürgen für die Sicherheit dieser App. Es gibt gute Gründe, diesen Menschen zu vertrauen. Einerseits wissen sie, wovon sie sprechen, andrerseits sind sie auf absolut sichere Kommunikation angewiesen.

Als Maxime der Technologie-Sicherheit gilt: Die Methoden und Algorithmen müssen offen, einsehbar und überprüfbar sein.

Der Fakt, dass Signal als offener Quelltext angeboten wird, wirkt einer feindlichen Übernahme oder Unterwanderung der ursprünglichen Programmierer entgegen. Sollte sich die Ausrichtung von Open Whisper Systems zum Nachteil der Nutzerinnen ändern, können andere den sicheren Entwicklungszweig weiterführen. Ferner fallen absichtlich im Quellcode eingebaute Fehler aufgrund des offenen Entwicklungsmodelles schneller auf. Als Maxime der Technologie-Sicherheit gilt: Die Methoden und Algorithmen müssen offen, einsehbar und überprüfbar sein. Proprietäre, nicht einsehbare Verschlüsselungs-Software gilt als Schlangenöl, ein Wundermittel, welches keine nachweisbare oder sogar eine schädliche Wirkung hat.

Werbung und Verschlüsselung schliessen sich aus.

Wenn sich hingegen bei Facebook das Geschäftsmodell ändert, könnte die Verschlüsselung von Whatsapp sehr schnell aufgeweicht werden. Dass genau dies eintreffen wird, ist gar nicht einmal so abwegig, denn schon lange herrscht bei Facebook Ratlosigkeit darüber, wie man die Millarden-Investition in Whatsapp endlich in klingende Münze verwandeln kann. Es wurde schon darüber nachgedacht, Whatsapp-Nutzerinnen personalisierte Werbung in die Chats auszuspielen. Wenn sich jedoch Facebook in verschlüsselte Chats einklinken will, muss die Verschlüsselung aufgehoben oder relativiert werden. Ein Festhalten an Verschlüsselung in Kombination mit Werbung kann nämlich nur bedeuten, dass diese zwischengeschalteten Werbe-Botschaften als kontextlos, absurd, aberwitzig bis beleidigend empfunden werden. Werbung und Verschlüsselung schliessen sich aus. Die Zukunft wird zeigen, wie Facebook Whatsapp ausserhalb der Verwertung von Metadaten zu monetarisieren gedenkt.

Der Umstieg auf Signal ist das Gebot der Stunde.

Es hat sich gezeigt, dass es auch abgesehen vom mangelnden Vertrauen in Facebook unzählige Gründe gibt, von Whatsapp auf Signal umzusteigen. Erschwerend bei diesem Umstieg kommt anfänglich hinzu, dass Signal noch nicht über die kritische Masse von Nutzerinnnen verfügt. Wer mit seinen Freundinnen sicher kommunizieren will, muss diese zuerst davon überzeugen, Signal zu installieren. Eine Möglichkeit ist, dieses Plädoyer für Signal zu teilen. Ferner sind alle aufgerufen, in ihrem nächsten Umfeld Überzeugunsarbeit für Signal zu leisten. Ein breiter Einsatz von Signal schenkt uns nicht nur mehr Sicherheit und Privatsphäre, sondern mindert unsere grosse Abhängigkeit von unberechenbaren US-Konzernen, welche mehr an Geld als am Wohl ihrer Kundschaft interessiert sind. Der Umstieg auf Signal ist das Gebot der Stunde.




Alter­na­ti­ven — So geht’s auch ohne Face­book & Co.

Der Datenskandal bei Facebook offenbart schonungslos, wie gross unsere Abhängigkeit von IT-Konzernen ist. Haben wir wirklich keine andere Wahl, als grossen amerikanischen Firmen unsere Daten «anzuvertrauen»? Ein Blick in den Dschungel der Technologien und Anbieter fördert Werkzeuge zu Tage, welche unsere Daten besser schützen, kostenlos sind und trotzdem einfach zu bedienen sind. Anbei erhalten Sie einen Überblick über Software und Webdienste, welche Ihnen ihre Freiheit und Unabhängigkeit zurückgeben. Nutzen wir diese wunderbaren Tools doch einfach! Weitere grossartige Projekte stehen in den Startlöchern.

SUCHMASCHINEN



Logo by Startpage: Google ohne Google und ohne Tracking



Logo by Qwant: gute Suchmaschine, die Ihre Privatsphäre respektiert.



Logo by Duckduckgo: gute Suchmaschine, die keine persönlichen Daten speichert.


 

CLOUD



Logo by Syncthing: Daten auf all Ihren Computern direkt abgleichen. Keine Firma, kein zentraler Server. Ihre Daten bleiben bei Ihnen.



Logo by Nextcloud.com: mächtige Open-Source-Cloud für Privatpersonen und Firmen. Kann auf einem eigenen Server installiert werden. Nextcloud unterstützt ab Version 13 End-to-End-Encryption (E2EE).



Logo by Owncloud: Fast wie Nextcloud. Die beiden Projekte haben denselben Ursprung.


 

MESSENGER



Logo by Signal: Verschlüsselte Nachrichten-App. Gilt als sehr sicher.



Logo by Ring: Verschlüsselte, verteilte Nachrichten- und Telefon-App für Smartphones und Desktops.



Logo by Wire.com: Sichere Kollaborations-Plattform. Messenger aus der Schweiz. Eher für Business-Kunden.



Logo by Threema.ch: Verschlüsselter Messenger aus der Schweiz


 

SOCIAL MEDIA



Logo by Diaspora: Föderierte Social-Media-Plattform ohne Firma und zentrale Server. Funktioniert wie Facebook.



Logo by Mastodon: Föderiertes Twitter ohne zentrale Server. Dahinter steht keine Firma.


 

BETRIEBSSYSTEME



Logo by Ubuntu: Linux-Betriebssystem für Einsteiger. Kann im im Live-Modus getestet werden.



Logo by Manjaro: Sehr solide Linux-Distribution. Kann wie ubuntu live von einem USB-Stick aus getestet werden.



Logo by Linux Mint: Linux Mint ist eine äussert einsteigerfreundliche Linux-Distribution.


 

KLASSIKER zum Schluss

Abschliessende Erwähnungen: Libreoffice, Gimp, Krita, Inkscape, Openshot, Kdenlive, Blender, Firefox, VLC, Tribler, Tor Browser




Face­book — das Tscher­no­byl der Daten

#tldr: In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts konnten die Menschen die Gefahr, die von radioaktiver Strahlung ausging, nicht begreifen. Die tödliche Gefahr war unsichtbar. Der Reaktorunfall von Tschernobyl rief der Welt in das Bewusstsein, dass auch Unsichtbares lebensbedrohlich sein kann. Heute ist ein weiterer Supergau in vollem Gang, dessen Ursachen und Wirkungen wir vorerst weder sehen noch fassen können: Der Daten-Supergau. Der Facebook-Skandal um die Firma «Cambridge Analytica» muss zu einem Umdenken führen und rechtliche Konsequenzen haben.

Zwei Milliarden Menschen tummeln sich auf Facebook. Sie geben höchstpersönliche Informationen an ihre Freunde und Bekannte weiter und verbinden sich mit anderen Facebook-Nutzerinnen. Diese Dienstleistung wird ihnen scheinbar kostenlos zur Verfügung gestellt. Ohne sich darüber im klaren zu sein, bezahlen Nutzerinnen Facebook jedoch mit Ihren persönlichen Daten. Diese werden von Algorithmen bearbeitet, mit externen Daten kombiniert und zu einem hochpräzisen Personenprofil gebündelt.

Diese hochsensiblen Persönlichkeitsprofile werden nun aber nicht wie ein Schatz gehütet, sondern - auf Neudeutsch - monetarisiert, sprich an alle Interessenten verkauft.

Dieses Personenprofil enthält Einkommensklasse, soziale Stellung, beruflicher Werdegang, Vorlieben, Konsum-Gewohnheiten, sexuelle Orientierung, politische Ausrichtung, Einstellungen, Freunde, Alter, Familienangehörige, Wohnsituation, Nationalität, Bildung, Finanzen, körperliche und geistige Erkrankungen, Drogenabhängigkeit, Bewegungsprofile, biometrische Daten, Surf-History, Verhaltensmuster und Persönlichkeitsmerkmale. Facebook weiss mehr über ihre Nutzerinnen als sie selber. Diese hochsensiblen Persönlichkeitsprofile werden nun aber nicht wie ein Schatz gehütet, sondern - auf Neudeutsch - monetarisiert, sprich an alle Interessenten verkauft.

Das Schadenspotenzial dieses Profilhandels ist für die Konsumentinnen enorm.

Interessenten sind alle, die für diese Daten bezahlen wollen und können, sprich Staaten, Behörden, Banken, Versicherungen, Werbetreibende, Firmen, Parteien und Politiker. Ob diese Daten zu Gunsten der Konsumentinnen weiterwendet werden, darf bezweifelt werden. Vielleicht steigt plötzlich ihre Krankenkassenprämie. Vielleicht wählen sie plötzlich eine Partei, die Sie noch vor Monaten für unwählbar hielten. Vielleicht erhalten sie keinen Kredit oder keine Zusatzversicherung. Vielleicht kaufen sie plötzlich Dinge, die ihnen vor kurzer Zeit nichts bedeutet haben. Vielleicht wird ihnen die Einreise in ein Land verwehrt. Vielleicht werden sie aufgrund ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert. Das Schadenspotenzial dieses Profilhandels ist für die Konsumentinnen enorm. Abnehmer für diese Daten könnten ferner auch Kreise mit kriminellen Absichten sein.

Wer nun noch glaubt als Facebook-Nutzerin mit einem Pseudonym nicht schon lange mit Klarnamen inklusive oben erwähnten «Zusatz-Informationen» bekannt zu sein, sollte schleunigst in sich gehen.

Das gewaltige Ausmass dieser Datenverarbeitung und  -verwertung offenbart sich im Umstand, dass auch Daten über Menschen, die Facebook nicht nutzen, gesammelt werden. Es genügt auf Facebook erwähnt zu werden, um dort erfasst zu werden. «Shadow Profiling» wird diese Erfassung von unbeteiligten Dritten genannt. Facebook will schlicht und einfach alle Informationen über alle Menschen an sich reissen, verarbeiten und vergolden. Wer nun noch glaubt als Facebook-Nutzerin mit einem Pseudonym nicht schon lange mit Klarnamen inklusive oben erwähnten «Zusatz-Informationen» bekannt zu sein, sollte schleunigst in sich gehen.

Die Daten von Facebook-Nutzerinnen (und Unbeiligten) befinden sich in der freien Wildbahn und sind zum Abschuss freigegeben.

Die Gefahr, die von diesem Datenhandel ausgeht, betrifft jedoch nicht nur Einzelpersonen, sondern Staaten und Demokratien. Die Firma «Cambridge Analytica» soll zwecks Manipulation der US-Wahlen Millionen von Facebook-Profilen abgegriffen und verarbeitet haben, um damit Wählerinnnen gezielt zu beeinflussen. Hinter dieser Firma stehen Personen aus dem Umfeld des US-Präsidenten Trump als auch aus Russland. Der amerikanische Sonderermittler wird sich dem gewiss annehmen. Pikantes Detail: Diese Firma erhielt einen _akademischen_ Zugang zur Facebook-Schnittstelle (API). Es wäre jedoch falsch zu glauben, dass sich beim Datentopf «Facebook» nicht schon andere Firmen bedient hätten. Die Daten von Facebook-Nutzerinnen (und Unbeteiligten) befinden sich in der freien Wildbahn und sind zum Abschuss freigegeben.

Geschäftsgeheimnisse sowie Privatsphäre sind dort aufgehoben, nicht im Sinne von «gewahrt», sondern im Sinne von «annuliert».

Die Bedrohung für Datenschutz und Privatsphäre geht jedoch nicht nur von Facebook aus. Weitere Datenkraken wie Google, welches seinen Nutzerinnen hoch und heilig versprochen hat, nicht Böse zu sein («Don't be evil»), verfügen über ähnliches oder grösseres Schadenspotenzial. Es gibt nämlich keine Garantie dafür, dass diese Firmen nicht bankrott gehen oder von Aktionären, welche das Geschäftsmodell ändern, übernommen werden. Vielmehr gibt es eine grosse Wahrscheinlichkeit, dass eben dies früher oder später geschehen wird. Zudem haben wir es hier mit amerikanischen Konzernen zu tun, welche den US-Behörden und Geheimdiensten unter Geheimhaltung alle möglichen Daten herausgeben müssen. Wer - Private oder Firmen - mit vertrauenswürdigen oder sensiblen Daten arbeitet, sollte Google, Twitter, Facebook, Amazon, Microsoft und Apple unbedingt meiden. Geschäftsgeheimnisse sowie Privatsphäre sind dort aufgehoben, nicht im Sinne von «aufbewahrt», sondern im Sinne von «annuliert».

Den Konsumentinnen bleibt also einmal mehr nur, sich selber zu schützen.

Edward Snowden ist der Meinung, dass Facebook eine Firma ist, die zur Massenüberwachung geschaffen und als «Social Media» getarnt wurde. Wie der aktuelle Skandal zeigt, ist auch Massenmanipulation anhand der von Facebook gesammelten Daten in greifbare Nähe gerückt. Demokratische Politiker sollten sich dieser Problematik unverzüglich annehmen und strenge Regulierungen für Firmen, welche mit Personenprofilen handeln, fordern. Leider sind Staaten wie die Schweiz mehr mit der sinnlosen Überwachung der eigenen Bevölkerung als mit dem dringend notwendigen Schutz derselben beschäftigt. Den Konsumentinnen bleibt also einmal mehr nur, sich selber zu schützen. Dieser Schutz kann nur darin bestehen, sich - wenn möglich - von solchen Dienstleistungen für immer abzumelden. Wie aber will man sich von Google oder Apple abmelden, wenn man ein Smartphone der jeweiligen Firma besitzt? Die Abhängigkeit von diesen Konzernen ist grenzenlos. Das Internet muss deshalb von Grund auf überdacht und neu konzipiert werden.

Das Tschernobyl der Daten hat erst begonnen. Es ist Zeit aufzuwachen und die Augen nicht länger vor dieser neuen unsichtbaren Bedrohung unseres Lebens und unserer Demokratie zu verschliessen.




Nix zu ver­lie­ren im Inter­net!? Der Check

Haben Sie nichts zu verlieren im Internet? Gut! Aber schauen wir doch einmal genau hin.


Also überprüfen Sie bei «Have I been pwned» doch einmal, ob ihre Zugangsdaten von Online-Diensten nicht vielleicht schon öffentlich sind. Geben Sie E-Mail-Adressen, mit denen Sie sich bei Online-Diensten anmelden, ein. Falls Warnungen für gewisse Dienste erscheinen, ändern Sie umgehend das Passwort beim betreffenden Dienstleister. Wenn Sie nur Deutsch sprechen, rufen Sie alternativ die Webseite https://www.experte.de/email-check auf. Diese Webseite startet eine Abfrage auf obige Datenbank.

Möglicher Verlust: Zugang, Online-Identität, krimineller Konto-Missbrauch


Möchten Sie einmal wissen, was man alles über Sie herausfinden kann, wenn Sie nur schon eine Webseite aufrufen? Finden Sie es auf den folgenden drei Webseiten heraus. Haben Sie einen eindeutigen digitalen Fingerabdruck? Sehr wahrscheinlich. Fast vergessen: Ihr Gerät hat übrigens auch einen eindeutigen Audio-Fingerabdruck.

Möglicher Verlust: Privatsphäre, Deanonymisierung Ihrer Identität, Tracking, Profiling


Benutzen Sie für alle Online-Dienste dasselbe Passwort? Dann leben Sie gefährlich. Finden Sie hier heraus, wie sicher Ihr Passwort ist.

Moment, Sie haben jetzt wirklich auf dieser Webseite Ihr Passwort eingegeben? Wieso vertrauen Sie dieser Webseite? Gut, wahrscheinlich ist diese Webseite vertrauenswürdig. Wir wissen es aber eigentlich nicht. Sollten Ihre Zugangsdaten irgendwie «geleakt» sein, könnte man anhand des Passwortes Rückschlüsse auf Ihren Benutzernamen und die Webseiten, wo sie ihre Zugangsdaten verwenden, ziehen. Verwenden Sie einen Passwort-Manager und lassen Sie sich zufällige, sichere Passwörter generieren!

Nachtrag: Wenn Sie Ihr Passwort über eine ungesicherte Verbindungen eingeben, können Sie es auch gleich auf ihr T-Shirt drucken lassen. Achten Sie bei Passwort-Eingaben auf gesicherte Https-Verbindungen!

Möglicher Verlust: Zugang, gesamte Online-Identiät, krimineller Konto-Missbrauch


Verwenden Sie die neueste Browser-Version? Wenn das nicht der Fall ist, könnten Sie sehr anfällig für Sicherheitslücken sein. In der Version 58.0 des Browsers Firefox konnten Webseiten Code auf Ihrem Computer ausführen.

Möglicher Verlust: Herrschaft über Ihr Gerät, krimineller Missbrauch Ihres Gerätes, Gefährdung des Online-Banking


Verwenden Sie noch immer Adobe Flash in ihrem Browser? Entfernen Sie dieses Plugin sofort. Es ist ein Einfallstor für schädliche Software.

Möglicher Verlust: Herrschaft über Ihr Gerät, krimineller Missbrauch Ihres Gerätes, Gefährdung des Online-Banking


Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, wie Buchungsportale den Preis für Ihre Reise berechnen? Ein Faktor ist die Geolokalisierung über die IP-Adresse, die Ihnen von Ihrem Provider gerade zugeteilt ist. Sie kommen aus der Schweiz? Dann dürfte es für Sie ein bisschen teuerer werden. Erhalten Sie billigere Preise, indem Sie einen Proxy oder den Torbrowser verwenden, wobei bei letzerem keine Garantie darüber besteht, welches als ihr Herkunftsland erkannt wird.

Möglicher Verlust: Geld


Sind Sie in einem Browser-Tab bei Facebook eingeloggt? Dann informieren Sie Facebook nahezu über jeden Schritt, den Sie im Internet unternehmen, da viele Webseiten Facebooks "social buttons" einbinden. Sollten Sie keinen Adblocker installiert haben, ist Google auf allen grossen Webseiten mit von der Partie dank Webmastern und Webdesignern, die sklavisch «Google Analytics» einbauen.

Möglicher Verlust: Privatsphäre, Tracking, Profiling, Verkauf Ihres Personenprofils


Was weiss Google über Sie? Finden Sie es auf myactivity.google.com heraus. Erstaunlich viel!

Möglicher Verlust: Privatsphäre, Tracking, Profiling, Verkauf Ihres Personenprofils


Halten Sie Ihr Betriebsystem und ihre Antiviren-Software auf dem neuesten Stand? Sehr gut! Nun, wie steht es aber um Ihr Android-Smartphone? Nach einer gewissen Zeit erhalten Sie vom Hersteller keine Sicherheits-Updates mehr. Ihr zwei Jahre altes Android-Smartphone dürfte sehr empfänglich für allerlei Angriffe sein.

Möglicher Verlust: Herrschaft über Ihr Gerät, krimineller Missbrauch Ihres Gerätes, Gefährdung des Online-Banking


Besuchen Sie Dating- und Partner-Portale und geben dort ihre intimsten Fantasien preis? Überlegen Sie sich das besser zwei Mal. Ashley Madison war so ein Portal. Es wurde gehackt, und die intimsten Geheimnisse von Millionen von Nutzern wurden offengelegt. Als Folge dieses «Leaks» ereigneten sich sogar Selbstmorde.

Möglicher Verlust: Intimste Geheimnisse, Karriere, Reputation, Partnerschaft, Leben


Sie besuchen Schmuddel-Webseiten? Denken Sie einfach daran, dass mittlerweile alle Verbindungen in der Schweiz dank dem neuen «BÜPF» mitgeschnitten werden. Werden diese Daten tatsächlich gelöscht? Wer hat Zugriff auf sie? Wir wissen es am Ende nicht.

Möglicher Verlust: Intimste Geheimnisse, Karriere, Reputation, Partnerschaft


Posten Sie auf Facebook öffentlich Ferienbilder? Schön! Darüber freuen sich nicht nur Ihre Bekannten, sondern auch Einbrecher, welche jetzt nur noch Ihre Anschrift in Erfahrung bringen müssen. Das geht womöglich sehr schnell.

Möglicher Verlust: Geld, Besitztümer


Posten Sie auf Facebook oder Twitter Bilder Ihrer Kinder? Tun Sie es ihren Kindern zuliebe nicht.

Möglicher Verlust: Selbstbestimmungsrecht des Kindes


Öffnen Sie Dokument-Anhänge in E-Mails, ohne nachzudenken und diese von einer Antiviren-Software prüfen zu lassen? Wundern Sie sich nicht, wenn plötzlich ihre Festplatte verschlüsselt ist.

Möglicher Verlust: All Ihre persönlichen oder beruflichen Daten


Weitere Risiken: Phishing, Sexting, Stalking, Mobbing, Partner-Überwachung

Möglicher Verlust: Verschiedenes


Nun überlasse ich es Ihnen, zu entscheiden, wie sicher Sie sich im Internet bewegen und fühlen. Es lohnt sich auf jeden Fall, im Zweifelsfall immer das Hirn einzuschalten.

P.S. Sind Sie sicher, dass Facebook ihre Whatsapp-Nachrichten nicht liest? Ah, nicht gewusst, dass Whatsapp Facebook und Skype Microsoft gehört?




Das Inter­net ist kaputt. Wir brau­chen ein neu­es: Das Internext

Dieser Artikel ist auch in Englisch verfügbar.

#tldr: Dezentrale Netzwerke spriessen wie Pilze aus dem Boden. Sie haben das Potenzial, das alte, von Monopolen und Staaten beherrschte Internet zu ersetzen und den Teilnehmerinnen ihre Freiheit zurückzugeben.

Nimmt man heute den Zustand des Internets genauer unter die Lupe, kann man nur zum Schluss kommen, dass es kaputt ist, entstellt und zweckentfremdet wurde. Was einmal als ein Projekt von Akademikern, Forschern, Programmierern und Kreativen begann, wurde von wirtschaftlicher und staatlicher Seite zu einem Sumpf des Kommerzes, der Überwachung und Zensur umfunktioniert. Auf der wirtschaftlichen Seite bestimmen wenige grosse Konzerne die Geschicke des Internets. Allen bekannt dürften Google, Facebook, Microsoft, Apple und Amazon sein: übrigens alles US-Konzerne. Sie monopolisieren Daten, Datenströme, Inhalte, Werbung, sozioökonomische Personenprofile, und nicht zuletzt die technologische Weiterentwicklung, sprich die Zukunft des Internets. Leider sind die Konsumenten bequem genug, diesen Monopolisten ihre höchstpersönlichen Daten wie E-mails, Surf- und Suchverhalten und Dokumente in den Rachen zu werfen, da sie im Gegenzug von Gratis-Diensteistungen profitieren können. Diese Daten werden in Gold umgewandelt, indem sie verkauft, gehandelt, wiederverkauft, erweitert und schliesslich in Form von massgeschneiderter Werbung (targeted&tailored Ads) auf die Konsumenten zurückgeworfen werden. Ein Milliarden-Business, bei dem der Konsument nur verliert!

Die Unkosten dieser gigantischen Überwachung tragen selbstverständlich die Überwachten selber: der reine, absolute Wahnsinn!

Die staatlichen Akteure hingegen spielen «Cyberwar» und «Räuber&Police», verminen und verwanzen die freie Kommunikation und fördern mittlerweile aktiv die Schwächung der gesamten IT-Infrastruktur, indem sie durch den Einkauf von Sicherheitslücken einen Schwarzmarkt ankurbeln. Anders ausgedrückt: Staaten kaufen mit Steuergeldern Verbrecher-Software. Um Verbrecher zu jagen, werden die Dienste von Verbrechern in Anspruch genommen. Eine verquere Logik, die gewiss noch mit vielen abstrusen Politiker-Ausreden verziert wird. Ferner lassen Staaten - mittlerweile auch die Schweiz - einen flächendeckenden, unverhältnismässigen Überwachungsapparat auf die eigene Bevölkerung, die sich damit natürlich in Unkenntnis der Materie oder aus irrationaler Panik sogar einverstanden erklärt, los. Das BÜPF sorgt in der Schweiz dafür, dass ab dem 1. März 2018 sämtliche Verbindungsdaten aller Geräte und Nutzerinnenfür ein halbes Jahr gespeichert werden. Die Unkosten dieser gigantischen Überwachung tragen selbstverständlich die Überwachten selber: der reine, absolute Wahnsinn! Würde der Staat alle unsere zwischenmenschlichen Verbindungen und Kontakte in der Realität mitschneiden wollen, wären die Verantwortlichen schon lange aus den ihnen demokratisch übertragenen Positionen entfernt worden. Die Vorgänge im digitalen Raum verstehen die Menschen, welche schon mit der Bedienung ihres Smartphones überfordert sind, einfach nicht und folgen blind ein paar Wölfen im Schafspelz. So stehen wir vor der Tatsache, dass das Internet, die Grundlage unserer modernen Kommunikation, auch von staatlicher Seite komplett untergraben wurde. Beispielsweise möge jeder für sich selber beurteilen, ob die seit Jahren bestehenden, gravierenden Sicherheitslücken (Meltdown&Spectre) in modernen Prozessoren, Recheneinheiten eines jeden Computers, ein Produkt des Zufalls, der Fehlplanung oder der bewussten staatlichen Unterwanderung sind.

Die Menschen müssen die Kontrolle über ihre Kommunikation und ihre Daten zurückfordern und zurückerhalten.

Das Internet hat sich von seinem eigentlichen Zweck, der Kommunikation zwischen Menschen, entfernt, ist zu einem Selbstbedienungsladen und Handelsplatz von Personendaten verkommen. Facebook zum Beispiel, eine Plattform, die den Menschen die Möglichkeit bietet, Bilder, Interessen und Meinungen auszutauschen, verwertet und verkauft die Profile ihre Nutzerinnen an Werbe-Firmen oder sonstige Interessenten. Dem stimmen die Nutzerinnen natürlich zu, indem sie die Nutzungsbedigungen ungelesen akzeptieren. Facebook kennt ihre Teilnehmerinnen in- und auswendig, vielleicht besser als sie sich selber kennen. Ist das ein fairer Deal: Kommunikation vs. Verkauf des Personenprofils? Das ist eben die Kehrseite dieser zentralisierten und monopolisierten Kommunikationsplattformen. Die Nutzerinnen verkaufen sich eigentlich, ohne sich dessen bewusst zu sein. Wer ein Android-Smartphone besitzt, sollte sich einmal auf myactivity.google.com einloggen, um festzustellen, dass Google sein ganzes digitales und reales Leben protokolliert. Welche App wurde wann aktualisiert? Wo befand sich die Nutzerin? Wonach hat sie oder er gesucht? Diese Daten sind dort auf die Sekunde festgehalten. (Notiz: Achten Sie also auf ihre Login-Daten). Davon können staatliche Überwacher eigentlich nur träumen. Jedoch hat das alles tatsächlich nichts mehr mit jenem Internet zu tun, welches Tim Berners-Lee vor 27 Jahren entworfen hatte. An diesem Punkt muss ein Strich gezogen werden. Die Menschen müssen die Kontrolle über ihre Kommunikation und ihre Daten zurückfordern und zurückerhalten. Das ist in naher Zukunft möglich, ohne zentrale Monopolisten, ohne zentrale Dienste, ohne zentrale Server, ohne totale Preisgabe seines Lebens und seiner Seele.

Das nächste Netz gibt den Menschen die Kontrolle über ihre Daten und ihre Kommunikation zurück.

Es gibt mehrere Möglichkeiten, sich vor dieser absoluten Verfolgung und Kontrolle der Kommunikation zu schützen. Jedoch offenbaren diese Flicken am Ende nur, wie kaputt das Internet bereits ist. Deshalb ist es höchste Zeit, das Internet neu zu erfinden. Das nächste Netz gibt den Menschen die Kontrolle über ihre Daten und ihre Kommunikation zurück. Dabeit handelt es sich um keine realitätsferne Zukunftsvision, da die Technologien bereit sind, und unzählige Projekte für ein dezentrales, verteiltes und verschlüsseltes Internet in den Startlöchern stehen. Die Kerntechnologie, welche dieses Internet antreiben wird, ist die Blockchain. Dabei handelt es sich um eine verschlüsselte, nicht manipulierbare, verteilte Kette von Transaktionen oder Aktionen. Gepaart wird diese Technologie mit Bittorrent, Tor, DHT, Verschlüsselung, File-Splitting und verteilten Dateisystemen. Anbei ein kleiner Überblick über diverse Projekte, die das dezentrale Internet gestalten wollen. Darunter befindet sich übrigens auch das Solid-Projekt des «Internet-Erfinders» Tim Berners-Lee.

Verteilte Internet-Plattformen:
Beaker-Browser
Zeronet
Peergos
Substratum
Solid
Maidsafe
Blockstack

Verteilter Mobil-Messenger:
Ring

Sicherer Bittorrent-Client:
Tribler

Verteilte Handelsplattform:
Open Bazaar

Verteilte Sozial-Plattformen:
Scuttlebutt
Sphere

Verteilte Dateisysteme:
Interplanetary Filesystem (IPFS)
Dat-Projekt

Verteilter Speicherplatz:
Storij
Sia
Bitdust

Dezentralisierter Facebook-Ersatz:
Diaspora

Verteilte Rechenpower:
Golem Projekt

Die «alten» anonymen Netze:
I2P
Freenet Project (nicht zu verwechseln mit dem deutschen E-mail-Anbieter)

Eine Monetarisierung des neuen Internets kann nicht im Sinne der Nutzerinnen sein. Das findet im Moment schon zur Genüge statt.

Freilich ist nicht alles Gold, was glänzt. Viele dieser Projekte stecken noch in den Kinderschuhen. Andere derartige Projekte wiederum dienen zweifelsohne der Koppelung einer digitalen Währung an Dienstleistungen. Eine Monetarisierung des neuen Internets kann nicht im Sinne der Nutzerinnen sein. Das findet im Moment schon zur Genüge statt. Zudem müssen solche Projekte unbedingt offene Entwicklungen sein, damit die Kontrolle bei den Anwendern bleibt. Proprietäre Projekte sind nicht im Sinne eines offenen, freien Internets, weil damit eben wieder eine Zentralisierung und Monopolisierung des Internets einhergeht. Die Beurteilung, welche der obigen Projekte «Open Source» sind, sei dem Leser überlassen. Aufhorchen jedoch lässt, dass der verbreitete Browser Firefox die dezentralen Protokolle von IPFS, Dat und Secure Scuttlebutt in der Version 59 akzeptiert. Man darf deshalb gespannt sein auf zukünftige Erweiterungen, welche diese Protokolle einsetzen.

Dies stärkt den im heutigen Internet auf's Übelste aufgeweichte Daten- und Persönlichkeitsschutz.

Was sind nun jedoch die Vorteile eines dezentralen Netzes? Diese dezentralen Netze sind in erster Linie unglaublich zensur-resistent. Das wird weder demokratischen noch totalitären Staaten gefallen. Die Daten liegen eben nicht zentral auf einem Server bei einem Anbieter, sondern verschlüsselt und verteilt bei allen Teilnehmerinnen des Netzwerks. Webseiten und Dokumente werden kaum mehr zu entfernen sein, weil Hundertausende oder sogar Millionen von auf der ganzen Welt verteilten Menschen vom Netz genommen werden müssten. Daten werden eben auch redundant gespeichert, so dass der Verlust persönlicher Daten nahezu auszuschliessen ist. Ferner haben die Teilnehmerinnen eine verstärkte Kontrolle über ihre persönlichen Daten und darüber, was sie von sich preisgeben. Möglicherweise wird sogar eine Form der Anonymität oder Pseudonymität gegeben sein. Dies stärkt den im heutigen Internet auf's Übelste aufgeweichte Daten- und Persönlichkeitsschutz. Strafverfolgung wird dadurch auf jeden Fall nicht vereitelt, wie die Aushebung des Drogen- und Waffenportals «Silkroad» gezeigt hat. Solide, gezielte und althergebrachte Ermittlungsarbeit wird die unsinnige Massenüberwachung unschuldiger Bürgerinnen ersetzen müssen. Die Demokratie wird auf jeden Fall gestärkt. Für Urheber dürfte sich nicht viel ändern, da sie ja jetzt schon mit einer Flut von Urheberrechtsverletzungen konfrontiert sind. Die Verfolgung und Unterdrückung von Urheberrechtsverletzungen dürfte sich jedoch einiges schwieriger gestalten. Vielleicht führt dies zu einem Umdenken bei den Content-Anbietern, welche die Fans ihrer Produkte bislang als Feinde betrachteten.

Die gesellschaftlichen Folgen von dezentralen Netzen werden nicht unbedeutend sein und im besten Fall die eine oder andere Diktatur stürzen als auch «Demokratien auf Abwegen» stärken.