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iPain — War­um das iPad nur noch nervt

Das iPad ist der nervigste Hype seit der Erfindung des Hula-Hoop.  In puncto Nützlichkeit, Innovation und Technizität steht es diesem in nichts nach. Diese Faktoren gehen gegen Null. Abgesehen von den technischen Unzulänglichkeiten des iPad nervt vor allem die mediale Omnipräsenz dieses anachronistischen Geräts. Schliesslich nervt das Geflenne der Medienindustrie, das iPad möge eine Renaissance der Bezahlinhalte einläuten und die Branche aus der Krise führen. Das Perfide daran: diese Bezahlinhalte werden auf denselben Känälen vertrieben, welche diese Inhalte heute schon kostenlos anbieten. Nun könnte der Eindruck entstehen, der Autor dieser Zeilen wäre ein eingefleischter Apple-Hasser. Weit gefehlt! Es handelt sich um einen Apple-Fanboy der ersten Stunde. Das sollte aufhorchen lassen.

Man kann nicht oft genug auf die unzähligen technischen Defizite dieses vermeintlichen Wunderdings hinweisen. Die meisten Menschen sehen sich gerne im Spiegel. Apple hat das erkannt und uns einen Spiegel geschenkt. Die Beeinträchtigung der Bildschirminhalte ist dabei sekundär, denn Apple hat entdeckt, dass nichts wert ist, was nicht glänzt. Nebensächlich bei dieser puristischen Design-Entscheidung ist scheinbar nicht nur der bemühte Leser (Späher) sondern auch der Umstand, dass gespiegelte Displays die Produktionskosten senken, sprich die Margen erhöhen. Sollte man wider Erwarten Bildschirminhalte erahnen, können diese womöglich nicht dargestellt werden. Denn Apple hat entschieden, das Flash-Format und damit 90 Prozent der interaktiven Webinhalte nicht zu unterstützen. Apple verteidigt sich, dass Flash böse sei, weil es die Prozessorlast erhöhe und die Akkulaufzeit verringere. Auch sei Flash nicht mehr zeitgemäss und müsse dem Html-5-Standard weichen. Internet-Filme sollten demnach nur noch im von Apple mitentwickelten und patentierten H.264-Codec angeboten werden. Uneigenützig verspricht uns das H.264-Konsortium für die kommenden 6 Jahre keine Lizenzgebühren zu erheben. Das nervt nicht, das stinkt zum Himmel.

Ohne Flash behält Apple die alleinige Kontrolle über alle interaktiven Inhalte und Applikationen, welche im App-Store zum teilweise kostenplichtigen Download auf das iPad angeboten werden. Dass Apple 30 Prozent des Erlöses jeder im App-Store verkauften App einstreicht, vermag uns noch nicht zu erschüttern. Dass aber Apple eine rigide Inhaltskontrolle ausübt, schockiert den freiheitsliebenden und mündigen Menschen. Es geht dabei in erster Linie darum, die Nutzer vor Anstössigem zu schützen. In den sexuell zurückgebliebenen und bigotten Vereinigten Staaten von Amerika entspricht Apple damit tatsächlich einem Gründbedürfnis. Unerträgliche Prüderie und Zensur aber ist, dem aufgeklärten Rest der Menschheit mit Bikinis verhüllte weibliche Brüste vorzuenthalten. Schmunzeln kann man hingegen ob der Fehlerhaftigkeit von Apples Zensurmaschinerie. So verschwand der ungeheure 'Sperm Whale'  namens 'Moby Dick' aus dem digitalen Deckblatt des gleichnamigen Buches. Bravo, Apple!

Touch-Screens nerven grundsätzlich. Warum diese unappetitliche Schmieren-Kömodie sich durchsetzen konnte, bleibt ein Rätsel. Man muss nicht Monk sein, um sich davor zu ekeln. Das schafft auch ein neurosefreier Mensch. "Kannst gerne mein iPxxx benutzen!" - "Nein, danke. Die Telefonkabine ist bloss am anderen Ende der Stadt!" (frei nach Woody Allen). Noch absurder sind Touchscreens für Angehörige jener Generation, welche zum Teil schmerzhaft lernen mussten, nicht mit den Fingern zu schauen. Wenn wundert es noch, dass Epidemien grassieren in einer Zeit, in der alles be-touch-t wird? Aber Spass beiseite. Vielleicht ist es zynisch zu behaupten, Touch-Screens entsprächen dem Zeitgeist, wenn im Zuge der Modekrankheit ADHS das 'Touchen' zum Ziel und die Entscheidung zum Abfallprodukt wird. Gewiss ist auch Boxxy fleissig am 'tatschen'. Zumindest kann man Apple nicht vorwerfen, am Trend vorbei zu schlittern. Diesbezüglich passt das iPad wie die Faust auf's Auge. Bravo, Apple!

Um die Auflistung der technischen Mängels des iPad abzurunden, soll auch der Hinweis auf fehlende Schnittstellen für USB-Sticks und Memory-Cards sowie die fehlende Unterstützung für das allerseits beliebte, aber von niemandem verwendete Multitasking nicht fehlen. Im Gegensatz zum 'Tatsch'-Screen zwingt Apple uns hier, sich auf eine Aufgabe zu konzentrieren. Obwohl Multitasking bei der Betrachtung von kostenlosen Inhalten auf herkömmlichen Geräten bislang nicht störend auffiel, kann dies dem Genuss von Bezahlinhalten wömöglich abträglich sein. Stellen Sie sich vor, Sie hören bei der Lektüre der für Geld abonnierten New York Times Hintergrund-Musik auf dem iPad an und verpassen die Hälfte der teuren Inhalte. Bei Bezahlinhalten schenkt uns Apple also das Monotasking, weil die es sich wert sein müssen. Bravo Apple! (Ach ja, vergessen wir auch nicht das Gewicht von über 600 g, den breiten Rahmen, den fehlenden Ständer und den nicht austauschbaren Akku.)

Was aber noch viel mehr nervt als das iPad selbst, ist die mediale Hysterie rund um dieses Gerät. Es vergeht keine Stunde, ohne dass irgendein ein Journalist seinen Senf zum iPad gibt. Die Meldungen überschlagen sich in Zahl und Belanglosigkeit, wie z.B. diese hier:  «Schau! Der iPad!» – «Hä?» Wenn die Sichtung eines iPad bereits eine Meldung in einer renommierten Zeitung wert ist, ist es höchste Zeit, auf die Existenzkrise der Zeitungsverlage zu sprechen zu kommen. Abonnenten- und Inserentenschwund treiben die klassischen Zeitungsverlage an den Rand des Ruins. Die Ursache für diese Misere heisst Gratis-Internet! Die kostenlosen Inhalte liefern jedoch nicht fiese Internet-Piraten, sondern die Zeitungsverlage selber. Die Verlage wagen es einfach nicht, ihre Online-Zeitungen kostenpflichtig zu machen, weil sie die übermächtige Kostenlos-Mentalität der Internet-Nutzer fürchten. Wie nun Rupert Murdoch mit der Bezahl-Zeitung dagegen anrennt, schüttelt Steve Jobs, Mann des Jahres 2009 im Times Magazine, bereits den passenden Vertriebskanal in Form des iPad aus dem Ärmel. Hier sollen Zeitungsverlage ihre Inhalte endlich wieder kostenpflichtig und gewinnbringend an den Mann / die Frau bringen. Die ganze Branche bricht in Freudentränen aus, bevor sie realisiert, dass es ein Internet nach dem iPad gibt. Kann aber ein Dinosaurier überleben, nur weil ihm ein Fuchs den Weg in die Zukunft weist?

Zu guter Letzt nerven auch die Käufer des iPads, weil sie kritiklos eine Fülle von Einschränkungen und Kosten hinnehmen für ein Gadget. Die Ernüchterung wird gross sein, wenn sie erkennen, dass es sich lediglich um einen Spiegel mit Point-of-Sale-Funktionen handelt. Der Shop ist jetzt immer gleich beim Käufer, und nur das hat der iPad-Besitzer zu sein. Wenn Sie nach der Lektüre dieses teilweilse satirischen Artikels zur Überzeugung gelangt sind, mit dem Kauf eines iPads einen Fehler begangen zu haben, sind Sie wenigstens nicht alleine. Denn wenn Steve ruft, kommen die Lemminge in grosser Zahl und erfüllen ihre Bestimmung. Das ist der Lauf der Welt.

Nun, wenn der Verfasser dieses Artikels das erste iPad sieht, wird er wahrscheinlich bei einer Tasse Kaffee entspannt eine Printzeitung lesen. Gratis, versteht sich. Auch das ist der Lauf der Welt.

[d.z]

Weiterführende Links:
Das waren noch Zeiten!
Das iPad ist eine Goldmine! (Englisch)




Inter­net Explo­rer — Ein Nekrolog

Krieg! Browserkrieg!

Als Anfang der Neunziger Jahre das Internet zunehmend Bedeutung gewann, entwickelte eine junge Firma eine Software, welche es ermöglichte, strukturierte Inhalte von einem entfernten Server abzurufen und darzustellen. Die Firma hiess Netscape und die Software Netscape Navigator. Es war der erste Webbrowser, der sich rasant verbreitete und schon bald auf jedem internettauglichen Computer lief. In den Anfängen beherrschte Netscape Navigator nur die rudimentäre Darstellung von Text und Bild. Aber das grenzte schon fast an ein Wunder! Die Software-Firma Microsoft war in kürzester Zeit zu einem Riesenkonzern gewachsen und reagierte dementsprechend behäbig auf die Zeichen der Zeit. Es dauerte Jahre, bis die Chefetage von Microsoft das gewaltige Potential des Internets erkannte. Dann aber begriffen die Entscheider von Microsoft, dass der Schlüssel zur Herrschaft über das junge Internet besitzt, wer die Technologien und Standards dieses Mediums kontrolliert. Mircosoft startete die Entwicklung eines eigenen Webbrowsers und gab ihm den Namen Internet Explorer. Damit begann, was als Browserkrieg in die Geschichte eingehen sollte. Netscape, welche den Browser-Markt jahrelang dominierte, wurde vom Giganten Microsoft in einem ungleichen Kampf niedergerungen. Der Netscape Navigator versank langsam in der Bedeutungslosigkeit. Die Entwicklerfirma Netscape wurde von AOL geschluckt, welche später selber im sich konsolidierenden IT-Markt vom Medienkonzern Time Warner übernommen wurde. Der Internet Explorer ging vorerst als unangefochtener Sieger aus dem Browserkrieg hervor.

Die Geister, die ich rief...

Der Internet Explorer verdankte seinen Siegeszug vorest nicht seinen Qualitäten, sondern Microsofts Strategie, den Browser mit dem hauseigenen Betriebsystem Windows zu bündeln. Der Browser des Monopolisten und Marktführers für Betriebsysteme lag nun als Kernkomponente von Windows jedem neu gekauften Computer bei. Netscape Navigator hingegen hätte nachinstalliert werden müssen. Die Installation von Software war damals - verständlicherweise - vielen Computernutzern ein Gräuel. Man liess lieber die Finger davon und nutzte, was vorinstalliert war. So nistete sich der IE auf den Heim-PCs ein. Die Bündelung des IE mit dem Betriebssystem Windows wurde jedoch nicht nur im Marketing und der Logistik, sondern auch in der Software-Entwicklung selber vollzogen. Der Internet Explorer wurde nicht als alleinstehendes Programm, sondern als Komponente des Betriebssystems entworfen. Die Wurzeln dieses Browsers reichten bis tief in den Kern des Betriebssystems Windows. Dieses Konzept galt damals als modern, wurde aber schon bald zum Sicherheitsproblem schlechthin. Denn sollte es einem Angreifer gelingen, eine Schwachstelle im Browser zu finden, wäre eine feindliche Übernahme des Systems, sprich des Computers, nur noch eine Frage der Zeit. In der Folge musste Microsoft Hunderte von Sicherheitslöchern im Internet Explorer stopfen, welche ohne Zutun des Benutzers das Einschleusen von ausführbarem Programmcode ermöglichten. Meist genügte schon das Ansurfen einer vermeintlich harmlosen Webseite, um sich Computerviren, die Pest des digitalen Zeitalters, an Bord zu holen. Microsoft entwickelte neue Versionen des Internet Explorer und versuchte dem Problem Herr zu werden, ohne aber die fatale Verzahnung mit dem Betriebssystem aufzulösen. Das Problem wurde trotz zahlreicher Nachbesserungen nie richtig gelöst, so dass noch im Januar 2010 eine gravierende Sicherheitslücke in den Versionen 6, 7 und 8 des Internet Explorer aktiv ausgenutzt wurde und wird. Software ist generell nicht gefeit vor Sicherheitslücken. In den meisten Fällen können diese behoben werden. Die Geschichte des IE lässt jedoch nur einen Schluss zu: Diese Software ist nicht mehr zu retten. Sie war, ist und bleibt ein Sicherheitsrisiko für jeden Nutzer des Betriebsystems Windows.

Der IE und die Standards

Auf dem Höhepunkt des Browserkriegs gelang es Microsoft qualitative Akzente zu setzen, indem sie moderne Webstandards in die Entwicklung des IE einfliessen liessen. So wurde auch der technologische Vorsprung auf den Konkurrenten Netscape grösser. Kaum aber war die Schlacht gewonnen, schlief der Riese Microsoft und die Entwicklung des Internet Explorers ein. Nach der Fertigstellung der Version 6, wurde im Jahre 2001 das Entwicklerteam entlassen. Damit war gemäss den Strategen von Mircosoft auch die Entwicklung des Internets abgeschlossen. Dies war eine gewaltige Fehleinschätzung, denn das eigendynamische Web suchte neue Ausdrucksmöglichkeiten und neue  Wege der Vernetzung und Kommunikation. Zu diesem Zweck entwickelte das W3C, ein Verbund von Industriegrössen, die vorhandenen Standards weiter. Doch Microsoft ignorierte diese Bestrebungen und verzichtete bewusst, Neuerungen in den Internet Explorer 6 einzubauen. Da gab es zwar zwei kleine Konkurrenten, welche einen eigenen Browser entwickelten. Microsoft aber nahm diese nicht ernst und trieb den Ausbau des Software-Monopols voran. Zum einen arbeitete die Norwegische Firma Opera am gleichnamigen Browser, welcher die neuesten Standards umsetzte und mit seinem Aussehen und mit seiner Schlankheit Webdesigner und Internet-Entwickler zu begeistern vermochte. Der Sprung in den Massenmarkt blieb Opera aus ähnlichen Gründen, welche den Untergang des Netscape Navigator besiegelten, verwehrt. Gleichzeitig versuchte eine Gruppe von freien Entwicklern, aus dem Programm-Quelltext des tot geglaubten Netscape Navigator einem modernen Browser zu machen. Sie nannten ihre Entwicklung Phoenix.

Der Phönix aus der Asche

Phoenix sollte ein innovativer, schlanker und schneller Webbrowser werden, der sich an die neuesten Standards hält und Anwenderfreundlichkeit und Erweiterbarkeit bietet. Diesem Ziel näherten sie sich an. Nur musste der Name aufgrund markenrechtlicher Probleme zwei Mal gewechselt werden. Aus Phoenix wurde Firebird, aus Firebird schliesslich Firefox. Firefox gelang es, eine schnell wachsende Zahl von Anwendern zu erreichen. Damit wurde klar, dass Microsoft damals bloss eine Schlacht, nicht den Krieg gewonnen hatte. Die zweite Runde des Browserkrieges war eröffnet! Microsoft reagierte und versuchte, mit Adrenalinspritzen und Stromstössen den bewusstlosen Internet Explorer wiederzubeleben. Die Entwicklung wurde wieder aufgenommen. Mit der Veröffentlichung des Internet Explorer 7 im Jahre 2006 scheiterte der erste Versuch sich gegen Trend zu stemmen. Microsoft hatte die technologische Entwicklung über Jahre verschlafen. Ganz abgesehen von Sicherheitsbedenken waren aber weder Anwender noch Entwickler bereit, auf die faszinierenden Möglichkeiten des kommenden Web 2.0 zu verzichten. Während sich Privatanwender massenhaft vom Internet Explorer abwandten, hielt sich der neunjährige Internet Explorer 6, ein Dinosaurier der Softwaregeschichte, bis heute hartnäckig im Firmenumfeld. Angesichts fortgesetzer Sicherheitsprobleme findet auch dort ein Umdenken statt.

In den letzten Atemzügen

Der Internet Explorer liegt im Sterben. Und das ist gut so. Fast ein ganzes Jahrzehnt behinderte er die Evolution des Internets. Er war eine Kette an den Füssen und Händen von Webdesignern und Internet-Entwicklern, die Tausende von Überstunden für die Anpassung, sprich Beugung von Standards an einen kaputten Browser aufgewendet haben. Er war die Hölle für Computernutzer, denen er Viren, Trojaner und Würmer ungefragt installierte. Er war eine Qual für alle Freiwilligen, welche diese Sauerei bei Bekannten und Verwandten in stundenlanger, meist unbezahlter Arbeit wieder aufräumen mussten. Wenig Gutes kann man über ihn sagen. Nur punktuelle Verwendungszwecke hat er noch: Erstens lässt sich damit ein anderer Browser installieren. Davon gibt es heute eine Vielzahl, die alle mehr zu bieten haben haben als der sterbende IE. Finden Sie den Browser ihrer Wahl:





Ferner sollten Sie sich jedoch davor hüten, den Internet Explorer aus ihrem System zu entfernen. Dies könnte Windows unbrauchbar machen. Lassen Sie ihn einfach in Frieden ruhen in seinem Grab. Als Untoter wird er zuweilen ein Windows-Update vornehmen, um danach in die Gruft zurückzukehren. Internet Explorer, wir weinen Dir keine Träne nach. R.I.P.

[d.z]

Weiterführende Links:
IE bleibt Sorgenkind
Neue Lücke im Internet Explorer